VW 10/2018

SCHLAGLICHT Wie könnte der Wandel aussehen? Mehr als die Hälfte der Vermittler ist über 50 Jahre. In den nächsten Jahren werden viele Makler schließen oder in größere Einheiten integrieren, Unternehmen wie Blau di- rekt oder Smart Insurtech bieten bereits Lösungen an, wie ein Makler seinen Bestand weitergeben kann, das ist ganz klar ein Trend im Markt. Übernimmt ein neuer Makler einen Bestand, nimmt er diesen als Grundstock und möchte das Kundenportfolio komfortabel verwalten. Dafür wird er ein Maklerservice-Programm nutzen oder sich einem Wohlfühl- Pool anschließen, der alle diese Dienstleistungen in der Cloud erledigt. Denn Komfort bedeutet hier Zeit- und damit Kostenersparnis für den Makler. Ist das tatsächlich so einfach, wie sie das beschreiben, sind alle Maklerbüros digitalisierungsready? Nein, einige Makler führen ihren Bestand noch in Excel-Listen oder Karteikarten und die Buchführung macht die Frau halb- tags. Andere arbeiten mit veralteten Software-Programmen, eine dritte Gruppe ist bereits modern oder zumindest semi- modern aufgestellt. Viele Makler machen sich aktuell Gedan- ken darüber, wie sie ihren Bestand so aufbereiten, dass er für einen potenziellen Käufer interessant ist, ein Karteikar- tenbestand ist dabei ein großes Problem, denn ein Käufer hat weder die Zeit noch die Lust, sich in ein solches System einzuarbeiten – da nützen auch keine 3000 Bestandskun- den, wenn die Daten nicht verarbeitbar sind. Aber der Makler wird weiter bestehen? Es wird weiter Makler, Beratung und Vertrieb geben – auch noch in 20 Jahren, denn der Kunde wird es verlangen. Für einfachere Produkte gibt es Ventillösungen wie beispiels- weise Check24, aber die Beratung wird ein Bestandteil des Marktes bleiben, weil es die Kundenbedürfnisse gibt. Es ist die Aufgabe der Branche, den Transformationsprozess zur neuen Makler-Generation so hinzubekommen, sodass diese ihren Pflichten gut und gesetzeskonform nachgehen kann. VERSICHERUNGSWIRTSCHAFT: Verivox, BCA und der Maklerpool Jung, DMS & Cie haben inzwischen die di- gitale Produktlinie von Neodigital ins Angebot aufge- nommen. Was bedeutet Digitalisierung für Sie? STEPHEN VOSS: Die Digitalisierung ist der einzige Weg der Branche in die Zukunft. Darüber hinaus ist er eine große Her- ausforderung, weil wir am Markt eine Entwicklung von Kun- den und Vertrieb sehen, die sich in Richtung Digitalisierung und Vereinfachung der Arbeitsabläufe bewegt. Digitalisierung ist als Vereinfachung notwendig? Das ist so. Die Anforderungen an den Kunden und den Ver- trieb werden immer anspruchsvoller. Der Kunde muss sich durch eine Vielzahl von Optionen durcharbeiten, das gelingt nur, wenn der Vorgang so aufbereitet wird, wie er es ge- wohnt ist: Einfach und klar, wie es beispielsweise Amazon vormacht. Aber auch der Vertrieb muss immer mehr fach- liche und aufsichtsrechtliche Anforderungen erfüllen, die er nicht leisten kann, weil er immer noch durch analoge Tech- nik und veraltete Prozesse gebremst wird. Die Branche wird sich also digitalisieren müssen, um den Anforderungen des Kunden gerecht zu werden und um dem Vertriebsmitarbeiter die immer mehr werdenden administrativen Aufgaben abzu- nehmen. Besteht zwischen der Altersstruktur des Vertriebes und der Digitalisierung nicht ein Zusammenhang? Die Altersstruktur im Vertrieb inklusive Ausschließlichkeits- vertreter werden immer älter. Die nächsten drei, vier Jahre werden noch so laufen wie bisher, aber dann wird der Wan- del kommen. Es kommen nicht mehr so viele Junge nach wie Ältere ausscheiden und die Neuen müssen dann einen grö- ßeren Bestand beraten und verwalten, das wird ohne tech- nische Mittel nicht funktionieren. Gelingt es einem Unter- nehmen nicht, die neue Beratergeneration mit der nötigen Infrastruktur auszustatten, wird sich diese ab- und anderen Partnern zuwenden. „Die Bemühungen mancher Versicherer wirken planlos“ Stephen Voss, Vorstand Marketing und Vertrieb Neodigital, über Makler im Transformationsprozess Interview: Maximilian Volz 20

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